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Ardèche vor den Toren der Provence (2)

 

Kastanien, Wein und Ballonfahrer

Die wilde Natur von Ardèche vor den Toren der Provence

 

 

Ballon fahren über Annonay

 

Nur die Amateure landen im Baum

Der Landstrich Ardèche, auch als wilder Süden Frankreich bezeichnet, liegt rund 200 Kilometer von der Küste entfernt und ist zweigeteilt. Der nördliche Teil hat ein raues Klima mit Wäldern, Gebirge und Landwirtschaft. Dagegen gibt es im Süden vorwiegend mildes Klima, hier wachsen die Pflanzen des Mittelmeerraumes wie Olivenbäume, Oleander, Lavendel, Wacholder.

 

Unter dem Dach Bistrot des Pays

 

Das kleine romantische Dorf Labeaume liegt im Süden direkt an den steilen Felsufern des gleichnamigen Nebenflusses der Ardèche. Es hat seinen mittelalterlichen Charakter bewahrt. Auf der Terrasse des Bistrot des Pays mit dem Namen Le Bec Figue, ganz in der Nähe des Flusstales, treffe ich mit Cecile Mathieu zusammen (im Bild rechts zusammen mit Tourismusmanagerin Nathalie Sisteron). Sie gehört dem Verein zur Entwicklung des südlichen Ardèche an. Seine Mitglieder kämpfen gegen die Landflucht, wollen die Strukturen in ihrer ländlichen Region erhalten. Cecile kann von deutlichen Fortschritten berichten. Es kommen wieder mehr neue Ansiedler in die Andèche als Bewohner wegziehen.

 

Ein unübersehbares Zeichen setzt die seit 2008 in ganz Frankreich ins Leben gerufene Kampagne, kleine Gaststätten auf dem Lande unter dem Dach Bistrot des Pays zu vereinen.

L.i.B.: Bistrot de Pays in Labeaume

„Es gibt einige Bedingungen, um in dieses Netz Bistrot des Pays aufgenommen und dann vermarktet zu werden“, erklärt Cecile Mathieu. „Die Gemeinde darf nicht mehr als 2000 Einwohner haben, die Gaststätte muss lokale Produkte preiswert anbieten und auch mindestens drei kulturelle Veranstaltungen im Jahr organisieren. Bei Bedarf sollen auch Lebensmittel und Zeitungen verkauft werden.

“Insgesamt gebe es mittlerweile 250 Gaststätten in Frankreich mit dem Bistrot Qualitätslabel und davon immerhin 20 in der gesamten Ardèche. Natürlich wird das Bistrot zuallererst von den Bürgermeistern gehegt und gepflegt, um den Menschen in den Dörfern wieder einen Treffpunkt zu geben. Es soll ein Platz sein zum Einkaufen, für ein Glas Wein und Freundlichkeit.

Aber auch die Touristen werden auf ihren Endeckungsfahrten durch die Region von diesem Netzwerk profitieren. „Bislang ist dieses Konzept sehr positiv angenommen. Es hat den Umsatz der Gaststätten, besonders von einheimischem Obst und Gemüse um 30 Prozent gesteigert“, resümiert Cecile Mathieu. „Allerdings kontrollieren wir auch jährlich die Kriterien vom Bistrot des Pays. Denn das Label soll für Qualität stehen“.

www.bistrotdepays.com

 

Bio-Wein von Monsieur Robert

In der reizvollen Landschaft der südlichen Ardèche dominiert die Weinrebe seit mehr als 2000 Jahren und erstreckt sich heute über 11.000 Hektar zwischen den Cevennen und dem Rhonetal. Besonders die Qualitätsweine sind im Vormarsch. Beispielhaft dafür ist die Winzerdomäne du Mas d `Intras, ein kleines Familienunternehmen auf 21 Hektar in Valvignères.

 

Die Familie von Denis Robert (links im Bild) , der das Unternehmen leitet, ist seit 1575 im Weinbau, wie er stolz betont.

Im Jahr 2010 hat er seine Weinberge auf „Bio“ umgestellt. Das bedeutet z.B. keinen künstlichen Dünger. Um den Boden mit Mineralien zu versorgen, wird unter anderem mit biologisch kompostiertem Trester gedüngt, der aus Abfällen der Arbeit in den Weinkellern stammt wie Traubenfleisch und -kerne und Hefe. Derzeit werden in ihrem Tal der Weine oder Vallis Vinaria, wie es bei den Römern hieß, zur Weinlese drei Generationen der Familie beschäftigt.

www.masdintras.fr

 

Einer der schönsten Canyon von Frankreich

Weiter im Süden unterwegs, darf man das Wahrzeichen der Region nicht verpassen - die 35 Kilometer lange Ardèche Schlucht mit mehr als 25 Stromschnellen . Vor Millionen Jahren hat der reißende Fluss Ardèche das Tal in einen der schönsten Canyon Frankreichs verwandelt.

 

 

Zugleich ist die Wasserlandschaft seit den 50er Jahren als attraktive Kajak- und Kanustrecke Europas entdeckt worden. Gleichzeitig hatte der Fluss die Kraft, an einer Stelle ein eigenes neues Bett zu graben und eine einmalige 66 Meter hohe Brücke entstehen zu lassen - den Pont d`Arc, das ultimative Fotomotiv im Süden der Ardèche.

 

 

Nur wenige Kilometer entfernt von diesem Naturwunder vollzog sich 1994 eine Sternstunde für die Archäologie und Kunstgeschichte. Höhlenforscher entdeckten die Grotte Chauvet-Pont d`Arc, in der 35.000 Jahre alte Felsmalereien in mehr als 400 Darstellungen insgesamt 14 verschiedene Tierarten zeigen.

Zur großen Freude der Tourismuswirtschaft wird die Grotte in nur zwei Kilometer Entfernung vom Fundort nachgebaut. In einem acht Hektar großen Ausstellungsgelände sollen mit größter Raffinesse die digitalisierten Originale der Malerei Millimeter getreu nachgebildet werden und außerdem die Sinne der Besucher mit kühler Temperatur, Feuchtigkeit, Dunkelheit und sogar Geruch angesprochen werden. Die Eröffnung ist für das Jahr 2014 geplant.

www.prehistoireardeche.com

 

Die Kapelle Notre Dame de Cousignac im Weinberg

Unweit der Schluchten am Anfang des südlichen Rhonetals, nahe der kleinen mittelalterlichen Stadt Bourg-Saint-Andèol, liegt die Domaine Notre Dame de Cousignac. Hier bauten schon die Römer im Altertum Wein an. Der Familienbesitz, bereits in der siebten Generation bewirtschaftet, ist nach der Kapelle Notre Dame de Cousignac benannt. Sie wurde im 7. Jahrhundert mitten auf dem Weinberg gebaut.

Als zur französischen Revolution die Domherren enteignet wurden, haben die Vorväter der Familie später in der Napoleonzeit das Weinland erworben mitsamt der Kapelle. Derzeit hat Raphael Pommier das Zepter der Weinbauernfamilie in die Hand genommen.

Auf unterschiedlichen Bodenarten, darunter tiefer Kalksteinboden, betreibt er auf insgesamt 60 Hektar ökologischen Weinbau. Pro Hektar gewinnt er 30-40 Hektoliter hochwertigen Wein, das sind immerhin 150.000 bis 180.000 Flaschen pro Jahr. Aber er kümmert sich nicht nur um den Weinanbau und die Vermarktung seines Weines auch in Deutschland, sondern hat auf seiner Domäne das ganze Jahr eine Tür für Urlauber offen. Seit acht Jahren sind bei ihm fünf Gästezimmer im Anwesen eingerichtet. Derzeit baut er zwei weitere Gästezimmer aus und errichtet einen Swimmingpool, der zur nächsten Saison fertig sein soll.

 

Besonders freuen sich Raphael und seine Ehefrau Rachel, gebürtige US-Amerikanerin aus Pittsburg, wenn an dem zehn Meter langen Frühstückstisch neben Franzosen auch Schweizer, Belgier, Deutsche und Niederländer bei einander sitzen und trotz Sprachgewirr sich wunderbar verstehen.

Gleiches gilt übrigens für die Kinder der Urlauber und für die vier Töchter von Raphael und Rachel, die ein weiteres Kind erwartet. Und dann hat Raphael wie seine Vorväter noch einen besonderen Schlüssel in Verwahrung, den gleichen Schlüssel besitzt der Bischof im Nachbarort.

Die Kapelle (oben im Bild) mit ihren 140 Plätzen wird gleichberechtigt genutzt, von den einen für Kulturveranstaltungen, von den anderen für Messen.

www.notre-dame-de-cousignac.com

 

„Der Wind ist mit uns“

Der Höhenflug beginnt an einem nebelig grauen frühen Morgen in einer schmalen verwinkelten Straße der Außenbezirke der kleinen Stadt Annonay im nördlichen Ardèche. Eine schmale Toreinfahrt führt auf einen aufgeräumten Hof. Auf einem kleinen Schildchen an der Einfahrt ist ein Ballon abgebildet.

Der Büroraum ähnelt einer kleinen Autowerkstatt, fünf Passagiere, alles rüstige Pensionäre, warten schon. Die Kaffeemaschine blubbert, Sicherheitsvorschriften in Plastikhüllen in englischer und deutscher Sprache und Zucker werden von einem jungen Mann gereicht.

 

„Der Wind ist mit uns. Sie können heute mit mir Ballon fahren“, verspricht Ludovic Guicherd (links im Bild). Er gehört mit seinen 32 Jahren schon zu den erfahrenen Ballonfahrern. Vor 12 Jahren hat sein Vater die Firma Ardèche Montgolfieres gegründet, seit zehn Jahren fliegt er und brachte es mittlerweile auf mehr als tausend Flüge. Das ist schon eine ganz beruhigende Zahl für die Fluggäste. Auf einem Anhänger sind eine Gondel, ein Plastiksack mit dem Ballon und ein Brenner verschnürt. Ludovic sitzt am Steuer eines Jeeps mit seinem Kollegen Christian, der die Ballonfahrt mit dem Auto verfolgt und hinten sitzen wir Fluggäste.

 

Die Idee von Joseph Montgolfier

Die Geschichte der französischen Ballonfahrerei hat vor knapp 230 Jahren in der Stadt Annonay seinen Anfang genommen. Joseph Montgolfier, der Sohn vom Besitzer einer Papierfabrik, saß am Kamin und sah in den aufsteigenden Rauch. Da stieg in ihm die Idee vom Fliegen auf.

Gemeinsam mit seinem Bruder Etienne wurde der erste Ballon aus Stoff und Papier noch ohne Gondel gebaut und vom qualmenden Strohfeuer erfolgreich in Annonay gestartet und in die Höhe getrieben. Es folgte ein Versuch in Versailles vor dem König mit Schaf, Hahn und Ente an Bord. Schließlich der Durchbruch: Wieder in Annonay bestiegen zwei Passagiere, zwei mutige Freunde der Brüder, die Gondel. Die Fahrt dauerte 25 Minuten und bis auf ein paar Prellungen blieben die beiden wohlauf.

 

Alles das und noch viel mehr ist im Papier-Museum Canson&Montgolfier zu erfahren. Bis auf die Museumsräume im Geburtshaus der beiden Brüder ist von der stolzen Papierfabrik im 20. Jahrhundert nicht mehr viel übrig geblieben. Obwohl die Brüder damals viele Erfindungen ins Geschäft einbrachten wie das Transparentpapier, konnte die Papierfabrik in der Neuzeit nicht mehr mithalten.

Ungebrochen ist die Tradition des Ballon fahren. Jedes Jahr im Juni werden die genialen Erfinder des „Montgolfière“ zwei Tage mit historischen Kostümen und zahlreichen Heißluftballons gefeiert. Die gegenwärtig steigende Zahl der Treffen von Ballonfahrern in Europa und weltweit zeigt die ungeahnte Renaissance vom Heißluftballon.
Bild links: Die Brüder Montgolfier in Annonay
Foto: M. Rissoan

 

In der Höhe ist so viel Stille

 

Der Abflugort ist ein Sportplatz am Schloss Dèomas in Annonay (links im Bild). In nur wenigen Minuten hat unser Ballonfahrer Ludovic Guicherd den Ballon mit Heißluft gefüllt und aufgerichtet. Als alle sechs Passagiere in die Gondel geklettert sind, erhebt sich der Ballon lautlos in die Höhe.

Die Windgeschwindigkeit liegt zwischen vier bis sechs Stundenkilometer. Damit ist Ludovic nicht zufrieden „Mit 10 bis 15 Km/h Windgeschwindigkeit hätten wir eine flottere Fahrt. Etwa drei km/h ist überhaupt das Minimum zum Fliegen“ kommentiert er die fehlende Brise. Der Ballon fliegt sehr gemächlich und nicht sehr hoch. Als der Ballon für das Gefühl der Passagiere im Korb recht nahe über eine Baumgruppe gleitet, beruhigt Ludovic mit den knappen Worten: „Nur die Amateure landen im Baum.“

 

 

Blick auf das Städtchen Annonay

 

Der Blick auf die unter dem Ballon liegende Stadt und die angrenzende Landschaft ist einfach faszinierend. Eine Passagierin kramt ihr Handy heraus und telefoniert. Sie raubt sich und uns allen in der Gondel einige kostbare Minuten, die für mich zu den schönsten Momenten des Ballon fahren zählen: Es ist die Ruhe und Stille in der Höhe, fernab von jeglichem Stress des alltäglichen Lebens.

 

     www.ardeche-guide.com   |   www.ardeche-guide.com/ardeche-tourisme/de

 

Text und Fotos: Ronald Keusch, 1 Foto: Foto: M. Rissoan, Oktober 2011

Anmerkung:

Erscheinen bei einer Diashow schwarze Balken, drücken Sie bitte die Tasten strg und + bzw. strg und - (nur bei höherer Auflösung erscheinen die hässliche Balken).

 

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