| ARCHIV-WEBSITE |
Textversion

Sie sind hier: 

>> cre-aktiv ReiseBilder  >> ReiseBerichte 

  |  

Inhaltsübersicht

  |  

Datenschutz

  |  

Impressum

  |  

Kontakt

  |

Fasnachtstreiben verjagt den Winter

 

Kunst, Kultur und Tradition der Region Hall-Wattens in Tirol spiegeln sich in dem jährlich aufgeführten Spektakel der Fasnachtumzüge wider. Besonders schillernd und schräg ist das nur alle vier Jahre veranstaltete Mullerlaufen in dem kleinen Ort Thaur. Dabei handelt es sich um einen heidnischen Brauch, der mehrere Jahrhunderte alt ist. Ob dieser Umzug, an dem ausschließlich Männer teilnehmen dürfen, nur den Winter austreibt oder auf heidnische Bräuche zurückgehend, der (katholischen) Obrigkeit an diesem Tag ein Schnippchen schlagen will, ist so eindeutig nicht geklärt.

 

Zurueck

Fasnachtstreiben verjagt den Winter

Weiter

 

Der Spiegeltuxer in Lederhose

Am Sonntag, dem 8. Februar, war es wieder so weit. Stunden vor Beginn sperrten Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr die Dorfstraßen in Thaur. Und der einsetzende Nieselregen hielt die ersten Zuschauer nicht davon ab, sich an der Route des Umzugs die besten Plätze zu ergattern. Der Veranstalter des Mullerlaufen ist der Thaur Schützenverein und Martin Plank ist sein Chef. „ Die Fassnachtfiguren teile ich in zwei Kategorien ein, die Frühlings- und Sommerfiguren und die Herbst- und Winterfiguren“, erklärt er. „Der Spiegeltuxer, der in einer Lederhose steckt, steht für Frühling und Sommer.

Er trägt einen bis 14 Kilogramm schweren und bis zu einem Meter hohen Kopfschmuck mit unzähligen Blumen, Federn und Spiegeln. In den Spiegeln sollen die grimmigen und grässlichen Dämonen des Winters ihr Antlitz erkennen und vertrieben werden - so die Absicht. “Anders sei es um den Zaggeler bestellt, der den Herbst verkörpert. Seine hölzerne Maske wirke noch etwas freundlich, sein Kostüm aus blauer Baumwolle ist mit kleinen Glöckchen benäht. „Weiterhin gibt es“, so Plank“, die Figur des Zottler in einem Fransenkostüm. Er ist einer der sehr grimmigen Gesellen, die den Winter in seiner ganzen Rauheit darstellen.“

Schnaps zum „Abmullen“

Pünktlich gegen 13.30 Uhr beginnt der Umzug. Der Landeshauptmann Günther Platter verlässt die extra für den Umzug an der Dorfstraße errichtete Holz-Tribüne für die Ehrengäste. Er gewährt ein Tänzchen und das österreichische Fernsehen ist mit den Kameras dabei. Martin Plank hält ein Mikrofon in der Hand und stellt die Umzugswagen und die verschiedenen Teilnehmer im Umzug vor. Mit seinem Sohn und seinem Vater sind drei Generationen aus der Familie von Martin Plank beim Thaurer Mullenlaufen dabei. Manchmal hat er Mühe, Musikkapellen und Geschrei zu übertönen.

Besonders beim Abmullen, einem ganz alter Brauch für Paare, beheimatet in den Dörfern zwischen Innsbruck und Hall, kommt Stimmung auf. Dazu stürzen plötzlich bunt kostümierte Männer versteckt hinter Holzmasken auf das Publikum zu. Ein leichter Schlag auf das Schulterblatt, der mehr oder weniger kräftig ausfallen kann, soll Fruchtbarkeit und Glück bringen. Bekräftigt wird das Ritual abschließend durch einen kräftigen Schluck Schnaps. Im Umzug reihen sich Musik-Kapellen und eine Vielzahl von Fasnachtsgruppen stampfend aneinander mit ganz gruseligen Hexenmasken sowie weiße und braune Bären, die an langen Ketten geführt werden. Vertreten ist auch die Figur des Klötzler, dessen Kostüm mit Holzbrettchen benäht ist. Er soll mit lärmenden Bewegungen den Winter vertreiben.

Spektakel der Weibermühle

Zwischendurch tauchen immer wieder von Traktoren gezogene Umzugswagen auf.
Einer der Wagen, die Thaurer Weibermühle, liefert ein ungewöhnliches Schauspiel mit viel derber Komik. Denn hier wird die mittelalterliche Sage nachgespielt, in der in einer Mühle alte Frauen wieder „jung gemahlen“ werden. Junge Bauernburschen, in der Verkleidung einer alten Frau, werden von kräftigen Armen und unter anfeuerndem Gejohle auf den Umzugswagen gehievt. Dann werden sie in den großen Trichter der Mühle bugsiert, um nur einige Momente später als „junge Frau“ aus der Mühle zu treten.

Allerdings wollen nun einige der Verjüngten nichts mehr mit ihren alten Männern zu tun haben, die nun den Spott der Müllerburschen und der Zuschauer erleiden. Eine Wendung, die die Geschichte aus dem Mittelalter für die Neuzeit emanzipiert.
Wer die Fasnachts-Umzüge in den Dörfern der Region Hall-Wattens bisher verpasst hat, braucht sich nur in den ersten Februartagen der nächsten Jahre hier umschauen. Denn die nächste Generation steht schon in den Startlöchern. Das jüngste im Mullerverein eingeschriebene Mitglied, das auch am Umzug teilnahm, zählte drei Jahre. Es trug ein buntes Kostüm und nur der schwarze Schnurrbart wurde nicht aufgeklebt, sondern aufgemalt.
www.regionhall.at

Beitrag und Fotos von Ronald Keusch / Februar 2008

Swarovski Kristallwelten - fotografiert von namhaften Fotografen [mehr ...]
Bilder-Galerie
[mehr]

 

Seitenanfang