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Bildhauer und Geigenbauer

Die Altstadt von Hall schmückt sich mit einer besonderen Anerkennung. Ein geschlossenes Ensemble, insgesamt 300 (!) Häuser, sind denkmalsgeschützt. Ein einmaliger Vorgang für Tirol und für ganz Österreich. In der Stadt im Inntal wurden seit dem 13. Jahrhundert Millionen Tonnen Salz abgebaut und Hall entwickelte sich zu einer Drehscheibe des mittelalterlichen Handels im jungen Europa. Hier in der Stadt der Macht und des Geldes wurde Ende des 15. Jahrhunderts der erste Taler, eine Silbermünze, geprägt. Dieser Geniestreich des Herzogs Sigmund machte ihn unabhängig vom Export des Goldes und brachte ihm den Beinamen der „Münzreiche“. Der Taler avancierte zum Namensgeber des Dollar und kann auch als Vorreiter des Euro auftreten.

Bildhauer und Geigenbauer

Reinhart, der Münzarme

In diesem Umfeld ist bis in die Neuzeit ein guter Humus vorhanden, in dem Kunsthandwerk gedeiht. Bei einem Gang durch die Altstadt trifft der Besucher auf die Arbeiten des Metall-Bildhauers Rudolf Reinhart. Er schuf hier für die engen Gassen sechs aus Kupferplatten und Stäben geschmiedete Wegweiser. Am Anfang der Schmidgasse ist auf der großen Brunnenfigur von Herzog Sigmund dem Münzreichen zu lesen, dass der Künstler Reinhart wohl angesichts knapper Honorare seinen Humor nicht verloren hat. Denn er meißelte an den Brunnenrand „Reinhart, der Münzarme“.

Auf dem Weg durch die Gassen ist auffällig, dass die allermeisten Häuser kein übliches Grabendach, sondern meist mehrere in sich verschachtelte Dächer besitzen. Diese Bauweise sollte im Mittelalter, wo die Dächer mit Holzschindeln gedeckt waren, die schnelle Ausbreitung des Feuers verhindern. Da die Dächer auch alle über Dachrinnen verfügen, führen oft mehrere Regenrohre in einem merkwürdigen Geflecht an den Hauswänden nach unten zur Gasse.

Direkt in der historischen Altstadt von Hall liegt das Hotel „Goldener Engl“, vor zehn Jahren nach allen Regeln des Denkmalschutzes renoviert und dabei liebevoll das Handwerkskunst vieler Generationen restauriert. Einst Teil der alten Stadtmauer führt die Geschichte des Hauses durch verschiedene Stil-Epochen, von Romanik bis zum späten Barock.
www.goldener-engl.at

Das Geschick Tiroler Geigenbauer

In der Schlossergasse 11 hat der Geigenbauer Arnold Posch seine kleine Werkstatt eingerichtet. Zwei Geigen baut er pro Jahr und außerdem ist er mit Reparaturen beschäftigt. Wenn er gut gelaunt ist, findet er auch die Muße, etwas über seine Geigenbaukunst zu erzählen. Drei verschiedene Hölzer setzt er ein, für die so genannte Geigen-Decke Fichtenholz, für den Boden und den Hals der Geige Ahorn. „Und die schwarzen Teile“, erklärt Geigenbauer Posch, “sind aus Ebenholz. Das kennt man doch aus dem Märchen von Schneewittchen, die Haare so schwarz wie Ebenholz trug. Das Ebenholz ist extrem hart und schwer.

Die Hölzer für die Geigen suche ich selbst aus und lagere sie dann acht bis zehn Jahre. Das Fichtenholz sollte sehr langsam wachsen, auf mageren Boden in einer Höhe von 1400 bis 1600 Metern und möglichst in einer geschützten Lage ohne Windeinwirkung. Das Holz muss sich gut spalten lassen wie man eben Tortenstücke abschneidet.“ Er nimmt ein Tortenstück aus Fichtenholz in die Hand und dreht es langsam nach allen Seiten. „Das ist die Königsdisziplin für den Geigenbauer, wenn er sich den Baum aussuchen und findet“, so Posch.

Die Oberfläche der Geige werde dann wie eine Schüssel geschnitzt, mit ganz kleinen Hobeln symmetrisch gestaltet. Die Wölbung sei wichtig, denn davon hänge ab, wie die Geige klingt. Und weiter Posch: „Je höher die Wölbung, desto zarter klingt die Geige, je flacher die Wölbung je mehr Kraft und Sound kommt aus der Geige.“ Mit einem Messgerät kontrolliert er die Stärke. Für den Bau einer Geige benötigt er zwischen 160 bis 200 Stunden und sie kostet zirka 8000 Euro. „Mein Traum war schon immer, mein Domizil in der Altstadt von Hall einzurichten“, bekennt Arnold Posch. „Allein schon deshalb, weil unweit von hier der Jacob Stainer gelebt und gearbeitet hat.“

Das unangepasste Genie

Das Geburtshaus des berühmten Geigenbauers Jacob Stainer liegt ganz nah bei Hall in dem Dörfchen Absam. Hier ist in einer Schule für einen der bedeutendsten Künstler, die Tirol hervorgebracht hat, auch ein bescheidenes Museum eingerichtet. Doch das soll sich bald ändern, dem Berühmten soll künftig mehr Raum in Hall und Innsbruck gegeben werden, ist von Josef Taschler zu erfahren, der das kleine Museum ehrenamtlich betreut. Stainer, der Sohn eines Bergknappen, lebte im 17. Jahrhundert und wird von der Fachwelt als Vater der deutschen Geige auf eine Stufe mit Stradivari und Amati gestellt, ja soll die Italiener sogar mit der Schönheit seiner Arbeit noch übertroffen haben. Insgesamt baute der Ausnahmekünstler 260 Geigen, die noch heute dank des unübertroffenen Klangs in großen Orchestern gespielt werden.

Der geniale und zu Lebzeiten anerkannte Geigenbauer wurde allerdings von der katholischen Kirche ausgestoßen, als Ketzer verfolgt, eingekerkert und über 100 Jahre totgeschwiegen, weil er mit Martin Luther und den Ideen der Protestanten sympathisierte.
Tirol, das heiligste und katholisch am stärksten geprägte Bundesland von Österreich, hatte bis in die Neuzeit Probleme mit seinem berühmten Sohn. So verweigerte der Gemeinderat von Absam noch vor 50 Jahren ein Denkmal für Stainer mit der Begründung: Ein Ketzer verdient kein Denkmal - Pabst Ratzinger lässt grüßen. Als Ausgleich zu dem Gedenken an den weltoffenen Künstler haben die Gemeinde Absam und seine Nachbarorte Ziele von Wallfahrten zu bieten wie beispielsweise eine Marien-Erscheinung auf einer Fensterscheibe.

Beitrag und Fotos von Ronald Keusch / Februar 2008

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