Unmenschliche Musik

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Kompositionen von Maschinen, Tieren und Zufällen

Wie verändert sich unsere Auffassung von Kreativität unter dem Vorzeichen des Anthropozäns? Das Festival Unmenschliche Musik. Kompositionen von Maschinen, Tieren und Zufällen stellt unser Musikverständnis auf den Prüfstand und widmet sich der Frage, ob musikalisches Schöpfertum auch jenseits menschlicher Synapsen existiert, wenn beispielsweise Vögel und Wale singen oder Roboter, Naturvorgänge und Zufallsereignisse strukturierte Klänge erzeugen.



Lillevan, Artyom Kim & Omnibus Orchestra


Installationen und Performances, zum Teil eigens für das Festival entwickelt, spüren grundsätzlichen Fragen zur menschlichen Kreativität, zur Wahrnehmung von Kunst sowie der Natur von Musik nach. Bezüge zu avantgardistischer Geräuschkunst wie dem Bruitisme werden hergestellt, aber auch zu Wegbereitern der 60er und 70er Jahre wie der Fluxus-Bewegung oder der damals beginnenden Beschäftigung mit künstlicher Intelligenz.

Das Programm präsentiert Facetten unmenschlicher Musik erstmals in konzentrierter Form: Mit den Grillen des Berliner Zoos jammt der Jazzmusiker und Philosophieprofessor David Rothenberg in Bird, Whale, Bug: Music From Nature. Einstürzende Neubauten-Mitglied Alexander Hacke unterwirft in einem Gerätekonzert handeingespielte polyrhythmische oder frei improvisierte Musik dem „totalitären Raster“ des Vierviertel-Takts und die Geräusche eines schmelzenden Eisblocks sind Grundlage für die Gletschermusik des Multimediakünstlers Lillevan. In Prepaid Piano denkt der Berliner Musiker Andrew Pekler John Cages „Prepared Piano“ mittels Mobiltelefonen weiter und Tamer Fahri Özgönenc präsentiert einen Chor aus Bohrmaschinen und dessen unplanbare Interferenzen.


Vier Konzerte setzen an den Abenden Akzente. Das Kammerensemble "Neue Musik" spielt in der Deutschlandpremiere "Der wohlprogrammierte Komponist".

Neue Werke von Bach, Mozart, Mahler Stücke, die diese nie komponiert haben: Eine Software des Komponisten und Musikologen David Cope analysiert musikalische Charakteristika der Klassiker und berechnet auf dieser Grundlage neue, alte Stück.

Nobukazu Takemura ist nicht nur durch das Klangdesign für Aibo, den Roboter-Hund von Sony, bekannt; seine Sounddesigns untermalen auch die Modenschauen des japanischen Designers Issey Miyake. Im Mittelpunkt seiner Auftragskomposition für das HKW, Verinnerlichte Fremdkörper, steht die Stimme und die verschiedenen Bedeutungen von Sprache.

Unmenschliche, weil außerirdische Musik gibt es an den letzten beiden Abenden zu erleben: Jerry Dammers, Gründer der britischen Ska-Punk-Band The Specials und des 2 Tone Labels, präsentiert sein 24-köpfiges Spatial A.K.A. Orchestra. Das Ensemble begann als Tribut an den 1993 verstorbenen, exzentrischen Musiker Sun Ra, der nach eigener Auskunft zum Saturn entführt wurde und zurück kam, um dem Menschen die unmenschliche Musik des Planeten nahezubringen. Neben dem Cosmic Jazz von Sun Ra spielen sie geistesverwandte Musik und spacige Versionen von Dammers' eigenen Songs. In der Deutschlandpremiere „u“ zeigt eine Gruppe der aus „Star Trek“ bekannten Klingonen in einer aufwändigen Produktion ihre hier noch wenig geläufige Operntradition.


Gespräche und die Symposien "Kreative Kreaturen" und "Sehnsucht nach objektiver Musik" ergänzen das Programm um innovative Zugänge zu aktuellen Diskursen, etwa Überlegungen zu Kreativität und geistigem Eigentum, zu künstlicher Intelligenz und zur Aleatorik, den Zufallsverfahren in der Kunst.


Unmenschliche Musik ist das erste von drei Themenwochenenden, die grundlegende Fragen nach der menschlichen Natur anhand von musikalischen Werken beispielhaft zu beantworten versuchen.

Es folgen Böse Musik (24. – 27.10.2013) und Doofe Musik im Frühjahr 2014. Die Festivals finden im Rahmen des zweijährigen Anthropozän-Projektes statt, das in verschiedenen Formaten das Konzept des Anthropozäns als neues geologisches Zeitalter beleuchtet. Die Anthropozän-These besagt im Kern, dass der Mensch die Natur formt, sodass die Kategorien "künstlich" und "natürlich" zunehmend verschwimmen.

Den Auftakt des Projektes bildete vom 10.-13.1.2013 Das Anthropozän-Projekt. Eine Eröffnung, zu dem Künstler und Wissenschaftler den über 4000 Besuchern einen transdiziplinären Einstieg in das komplexe Terrain „nach dem Holozän“ präsentierten und neue Perspektiven auf das Verhältnis von Mensch und Natur aufzeigten.




Unmenschliche Musik wird kuratiert von Detlef Diederichsen (Bereichsleiter Musik, HKW) und Holger Schulze (Sound-Studies-Professor, Humboldt-Universität Berlin) im Rahmen des Anthopozän-Projekts. [mehr ...]

Haus der Kulturen der Welt in Berlin
21. bis 24.2.2013

Das Festival Unmenschliche Musik

Konzerte
21.2. - David Cope
22.2. - Oper "u"
23.2. - Nobukazu Takemura
10€ / 8€
24.2. - Jerry Dammers` Spatial A.K.A. Orchestra:
18€ / 15€
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In Kooperation mit Berliner Gesellschaft für Neue Musik, Humboldt-Universität Berlin, Universität Kassel, Universität Eindhoven/TechUnited, Zoo-Aquarium Berlin, Museum für Naturkunde Berlin, den Goethe-Instituten Almaty und Taschkent, Deutschlandradio Kultur

Das Haus der Kulturen der Welt wird durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch das Auswärtige Amt gefördert.


Text: Annette Schäfer, Henriette Sölter, Haus der Kulturen der Welt, Februar 2013



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