| ARCHIV-WEBSITE |
Textversion

Sie sind hier: 

>> cre-aktiv ReiseBilder  >> ReiseBerichte  >> Frankreich 

  |  

Inhaltsübersicht

  |  

Datenschutz

  |  

Impressum

  |  

Kontakt

  |

Parcours in Bäumen und Weinbergen

 

Unterwegs im Elsass Teil 2

 

Aktiver Urlaub mit Kletterei, Geocaching und einem Museums-Dorf zum Anfassen

 

Wie kaum ein anderer Landstrich in Europa steht der Elsass in dem guten Ruf, eine kaum zu überbietende Gastronomie-Szene zu besitzen. So steht der Urlaub hier im Zeichen von Spitzenköchen und Pastetenbäckern, von Gourmet-Restaurants und deftigen Mahlzeiten, dank auch deutscher Wurzeln der Kochkunst. Nur ein kurzer Rundgang durch die Markthallen von Mulhouse belegt, dass hier solche Sorten an Wurst wie Presskopf oder Zungenwurst in den Auslagen liegen, die anderswo in Frankreich wohl kaum zu finden sind. Das gilt natürlich auch für Choucroute - das Sauerkraut.

Der Industriestandort Mulhouse ist ein Schmelztiegel von Kulturen aus vielen Ländern. Das spiegelt sich wie kaum anderswo in der gesamten Region auf seinem traditionellen Markt wider, „dem größten und buntesten Markt im Osten Frankreichs“, wie mir der elsässische Chef der Händlervereinigung Marc Wurtz stolz erzählt. Auch viele Touristen werden von der Exotik des Marktes angezogen, von den Händlern aus Nordafrika, dem Balkan und anderen Teilen der Welt, woher auch ein großer Teil der Kundschaft kommt, die das Bild eines bunten Markttreibens malen.

 

Parcours in den Bäumen

Der Tourismus im Elsass will seine Gäste aber nicht allein durch opulente Mahlzeiten anlocken, sondern bietet immer mehr Möglichkeiten, einen Teil der Kalorien wieder loszuwerden. Unter dem Stichwort Aktiv- und Abenteuerurlaub sollen auch jüngere Gäste und Familien angelockt werden.

 

 

Michael Walter im Parcours der Bäume

 

Nur eine Autostunde von Mulhouse entfernt kann der Besucher jede Menge Abenteuer finden. In den mittleren Vogesen auf 1100 Meter Höhe neben dem Col du Kreuzweg befindet sich der Park Alsace Aventure. Mitten im Wald sind ein Dutzend Plattformen an den Bäumen verteilt, die mit Seilen und Leitern verbunden sind.

„Wir haben derzeit zehn Parcours in den Bäumen eingerichtet, angefangen bei zwei Meter Höhe für Kinder ab acht Jahre.
Der höchste Schwierigkeitsgrad ist dann mit 25 Meter Höhe erreicht“ sagt Michael Walter, der junge Chef des Parks. Als er meinen skeptischen Blick in die Höhe bemerkt, ergänzt er gleich, dass die Sicherheit der Kletterer absolute Priorität habe. Jeder trägt auf dem Parcours einen Klettergurt um den Körper und von den zwei Seilen beim Klettern ist immer eines davon ein Sicherheitsseil. Außerdem ist ein Mitarbeiter beim Klettern mit von der Partie.

 

Zusätzlich gebe es einen Übungs- und Testparcours, so Walter, auf dem jeder Teilnehmer testen kann, welche Schwierigkeitsstufe des Parcours er wählt. Die leichteste Tour trägt die Farbe grün und steigert sich sich dann über die Farben blau und rot bis zur höchsten Schwierigkeit, die mit schwarz gekennzeichnet ist. Aber das Abenteuer in dem bergigen Waldgelände reduziert sich nicht allein aufs Klettern. Die Besucher können Bogen schießen oder in 40 Meter Höhe an insgesamt acht hinter einander aufgebauten Seilbahnen sich 300 Meter ins Tal gleiten lassen - Robin Hood würde staunen.

Den ultimativen Höhepunkt stellt der 30 Meter hohe Holzturm der Extreme dar. Hier können die ganz Mutigen, angeseilt im Rücken an der Außenwand des Turm in einem Winkel von 90 Grad bis zu einem aufgespannten Netz herunter rennen oder sogar einen Zehn Meter-Sprung in die Tiefe wagen.

www.parc-alsace-aventure.com

 

 

Schnitzeljagd für Erwachsene

Eine ganz andere Form des Abenteuers kann der Tourist 30 Kilometer westlich von Straßburg in dem kleinen altertümlichen Städtchen Mutzig erleben. Im Bahnhofsgebäude hat die Vereinigung Trace Verte (wörtlich grüne Spuren) eine seiner Stationen im Elsass aufgeschlagen, um den Touristen alternativ aktive Angebote zu unterbreiten. Dazu gehören Touren mit dem Mountainbike, im Mutziger Bahnhof ist ein unerwartet großes Geschäft für Kauf Reparatur und Ausleihe von Fahrrädern angesiedelt, weiterhin Nordic Walking und Wanderungen.

 

Seit einem Jahr hat sich das junge Team in Mutzig eine Wanderung in Form von Geocaching ausgedacht, gewissermaßen eine elektronische Schatzsuche, so eine Art Schnitzeljagd für Erwachsene mit einem GPS-Gerät. In Begleitung von Audrey Pascal (im Bild links) aus dem Trace Verte Team und einem GPS-Gerät um den Hals schwinge ich mich auf ein Moutainbike und los geht die Fahrt zu einzelnen Stationen.
Die Schätze, die wir nach einer vorgegebenen Liste aufsuchen, sind durchweg die Sehenswürdigkeiten des reizvollen Mutzig wie das einzige historische Stadttor aus dem 14. Jahrhundert, die älteste Synagoge im Elsass und eine Kapelle. Zu allen Stationen werden Fragen gestellt, deren Antwort vor Ort leicht zu finden ist. Als die Route in die Weinberge der Stadt führt, erreichen wir die mannshohe Steinfigur einer Herz-Jesus-Statue. Und die Frage lautete, was sich zu den Füßen der Statue befindet - wie konnte es anders sein, ein Bund von Weintrauben.

www.seminaire-incentive.fr

 

Die riesige Feste Kaiser Wilhelm II

Nur wenige Kilometer von Mutzig entfernt ist auf einer Anhöhe ein äußerst geschichtsträchtiger Platz für Franzosen und Deutsche zu finden. Hier befindet sich eine riesige Festung, die seit 1893 bis in den 1. Weltkrieg hinein vom kaiserlichen Deutschland gebaut wurde. Sie trägt pathetisch den Namen „Feste Kaiser Wilhelm II“. Das größte Verteidigungsbollwerk Deutschlands, zur damaligen Zeit die modernste Festung, sollte als Teil des Schlieffenplans einen siegreichen Zwei-Frontenkrieg sichern, ohne Erfolg wie bekannt.

 

 

Vor 30 Jahren nahm sich dem Betonklotz die Festungsforschung im Elsass an und schließlich begann 1984 die Rekonstruktion der gesamten Anlage. Für den Vorsitzenden der Fördergesellschaft Bernhard Bour zählt es nach jahrzehntelanger Feindschaft zu den Meilensteinen der neuen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland, dass die Franzosen sich um die deutsche Feste Wilhelm II kümmern.

„Es ist die einzige deutsche Festung, die der französische Staat finanziert“, hebt Bernhard Bour hervor, der fließend französisch und deutsch spricht und der in seiner Kindheit die Betonbunker zuerst als Abenteuerspielplatz kennen lernte. Insgesamt umfasst das gesamte Gelände der Festung eine Fläche von 254 Hektar mit 50 Gebäuden und sechs Geschütz-Batterien mit 22 Kanonen. Erster Finanzier für den Erhalt des Forts von Mutzig sind nun seit Jahren die Besucher. Immerhin kamen allein im letzten Jahr 22.000. Zu den Jahrestagen um den 1. Weltkrieg, so hofft Bour, werden noch mehr Besucher kommen, denn seiner Meinung nach hat sich die Festung von einen Kriegsinstrument in ein Mahnmal gegen den Wahnsinn Krieg gewandelt.

www.fort-mutzig.eu

 

Museumsdorf zum Anfassen

Wenn die Menschen vom flachen Land die Flucht in die Stadt antreten, bleiben ihre verlassenen Häuser zurück - so auch vor 50 Jahren im Süden vom Elsass, im Sundgau.

 

Stundenten und junge Architekten gründeten 1971 den Verein „Elsässer Bauernhöfe“, um die alten Fachwerkhäuser zu restaurieren und zu erhalten. Das war die Geburtsstunde des einmaligen Ècomuseum D’Alsace (im Bild links). Denn die restaurierten Häuser wurden abgebaut und schließlich auf einem Gelände zwischen Mulhouse und Colmar wieder errichtet.

Die Gemeinde Ungersheim schenkte dem Verein das Gelände, eine industrielle Brache vom Kalibergbau, auf dem 1984 das Museum mit damals 20 Häusern eröffnet wurde. Heute stehen auf der 15 Hektar großen Fläche 72 elsässische Landhäuser, alle möbliert, eine Schule, eine Mühle, Handwerksstätten, ein Sägewerk, ein Bahnhof und noch einiges mehr. Das Grundwasser wurde gereinigt, der Fluss Thur umgeleitet, Kanäle und ein See geschaffen, auf denen die Besucher mit Booten unterwegs sind. Direktor Pascal Schmitt hat sein Büro in einem der alten Fachwerkhäuser nahe dem Dorfplatz eingerichtet. Den Verein gibt es noch heute.

 

„Ohne die 200 ehrenamtlichen engagierten Mitglieder, die mit unseren 45 Angestellten zusammen arbeiten, könnte das Museums-Dorf überhaupt nicht so lebendig existieren“, lobt Direktor Schmitt, der nunmehr dem größten Freiluftmuseum in Frankreich vorsteht.

 

Zurueck

Impressionen

Weiter

 

V.l.n.r.: 1.Beim Stellmacher, 2.Das bewohnte Haus im Museum, 3.Die Thur fliesst durch das Museumsdorf

 

Da reparieren der Stellmacher und der Schmied in ihren Wertstätten Wagenräder, der Töpfer brennt seine Vasen im Ofen, eine alte Bäuerin füttert ihre Schweine und ein Ehepaar wohnt an den Wochenenden in einem Haus und zupft Unkraut im Vorgarten - ein Museum zum Anfassen.

Wir sind immer Elsässer und Europäer

Für 2013 hat Pascal Schmitt geplant, hier Fachwerkhäuser aus Deutschland und aus der Schweiz aufzustellen. „Die Region vom Oberrhein und Elsass hat eine gemeinsame Geschichte und Kultur. Hier spiegelt sich immer auch ein Stück Europa wider. Wir sind immer Elsässer und Europäer. Das wollen wir den Besuchern zeigen“, so Schmitt. Das Elsässische Museums-Dorf präsentiert neben den Häusern, dem Handwerk und Folklore auch das Restaurant „Le Taverne“ mit den Klassikern der elsässischen Küche: dem Flammkuchen, das mit Wein verfeinerte Sauerkraut mit Würstchen und Speck und den Munsterkäse. Der gute Ruf opulenter Mahlzeiten wird auch im Museum verteidigt.

www.ecomusee-alsace.fr

 

Text und Fotos: Ronald Keusch, September 2012

 

Seitenanfang